Promenade

Veröffentlicht am 17. November 2025 um 16:55

An einem heißen sonnigen Tag die Strandpromenade zu beobachten, ist ungefähr das entspannendste, was ich an diesem Tag hätte machen können. Abgesehen von der Yoga und Stretching Stunde auf der Dachterasse des Hostels am Morgen. Das war auch entspannend. Aber auch ein bisschen anstrengend.

Hier am Strand von El Medano in einem Café mit weißen Sonnenschirmen zu sitzen - was Besseres kann ich mir im Moment nicht vorstellen. Mein helles enges Sommerkleid passt farblich perfekt dazu und ich setze mir meine Sonnenbrille auf, um noch ungestörter meinen Blick über den Strand schweifen zu lassen. Ich lasse mich von der leisen Musik aus dem Radio berieseln und beobachte einfach die Leute, während ich meinen zweiten Café Cortado schlürfe. Er hat mich aus meinem Mittagstief geholt.

Weiter draußen auf dem Meer bewegen sich die Kite-Surfer sportlich über die Wasseroberfläche. Manchmal fliegt einer kurz durch die Luft, nur um dann wieder gekonnt auf dem Wasser zu landen. Obwohl es nicht allzu windig ist, scheint heute perfektes Wetter dafür zu sein. Den Wegrand zieren schöne Zitronenbäume. Familien mir kleinen Kindern lassen sich in ihrem Schatten auf Decken und Handtüchern nieder. Die Kinder rennen sofort zum Meer. Eine Mutter buddelt die Beine ihrer kleine Tochter im Sand ein und formt gekonnt einen Nichsenschwanz aus dem Sand. Die kleine sieht aus wie eine echte Meerjungfrau. Die günstigen Preise im Café heben meine Stimmung und ich genieße einfach die Sonne auf meiner Haut. Ich bin zufrieden, weil ich nicht mehr so weiß bin wie vor ein paar Tagen noch. Schon  als Kind hat es meiner Seele unglaublich gut getan, für ein paar Minuten in der Sonne zu liegen und mich von ihrer Wärme bescheinen zu lassen.

Ich nehme mein Buch zur Hand und lese ein paar Seiten. „Jenseits des Sommers“ heißt es und ich fühle mich auch, als sei ich jenseits des Sommers. Denn es ist Ende November und zu Hause fangen die nächtlichen Temperaturen an, in Minusgrade überzugehen. Ich bin aber nicht zu Hause. Und habe hier sozusagen meinen eigenen Sommer. Auf einer wunderschönen Insel. Als sei es mein ganzes Leben so gewesen. Es fühlt sich ein bisschen wie Mogeln an. Den Sommer einfach noch 4 Wochen verlängern.

Nach ein paar Seiten lege ich das Buch weg, weil ich lieber noch den Moment genießen will. Mir fällt auf, dass die Kellnerin das Wort Breathe auf den Ellbogen tätowiert hat. Ich frage mich spöttisch, ob es sie daran erinnern soll, das Atmen nicht zu vergessen oder ob es sonst eine Bedeutung hat. Heute Morgen bei der Yoga Session wurde tatsächlich nochmal betont, was für einen großen Einfluss die Atmung auf den Körper und das Stresslevel haben kann. Vielleicht ist das Breathe Tattoo doch gar nicht so dumm. Automatisch nehme ich einen bewussten langen Atemzug.

Ich schaue mich weiter um und sehe, wie ein älterer Mann seinem kleinen Hund liebevoll einen Kuss gibt. Danach tätschelt er ihn und setzt ihn auf seinen Schoß. Das kleine Tier wedelt genüsslich mit dem Schwanz. So eine schöne Geste fällt einem im Alltag viel zu selten auf. Ich komme außerdem in den Genuss des Anblicks, wie sich ein junger Mann unter der Stranddusche ausgiebig sein Teil unter der Badehose sauber macht. Hinter ihm steht eine alte Dame und wartet, bis sie an der Reihe ist. Unter ihrer Sonnenbrille ist ihr Blick schwer zu deuten, aber sie scheint den Mann ebenfalls zu mustern. Ich muss grinsen und trinke meinen Kaffee aus.

Erst als mich ein erfrischender Windstoß trifft, merke ich, dass mir in der prallen Sonne viel zu warm ist. Ich verrücke meinen Stuhl ein bisschen in den Schatten. Am liebsten würde ich für immer so sitzen bleiben.


Kommentar hinzufügen

Kommentare

Es gibt noch keine Kommentare.