Das Meer kommt mir unglaublich geschäftig vor. Tag und Nacht werden ununterbrochen Wellen an den Strand gespült. Es scheint, als hätten sie nie eine Pause. Immer wieder die selben Bewegungen. Vor. Zurück. Vor. Zurück. Am Steinestrand gleiten sie dabei so über den Boden, dass jedes Mal ein paar Steine von ihnen gelöst werden und einige Zentimeter mitgespült werden. Das macht ein wunderbares Geräusch. Es entspannt. Ich könnte stundenlang zuhören. Es hat was Reinigendes und Beruhigendes.
Und es hört nie auf. Selbst an einem windstillen Tag werden winzige Wellen in Richtung Strand geschwemmt. Wellen tanzen. Besonders, wenn das Wasser das Mondlicht reflektiert, sieht es aus, als würden viele kleine Hüte im Getümmel tanzen. Auf einem riesigen Ball. Oder einem fröhlichen Fest. Sie bewegen sich einheitlich und scheinen so mit sich selbst beschäftigt zu sein. Als wüssten sie ganz genau, was zu tun ist. Und als würden sie sich freuen, dass niemand sie davon abhalten kann.
Sie sehen manchmal ein bisschen hämisch aus. Menschen sind in ihnen ertrunken, einfach von ihnen verschluckt worden. Aber voller Anmut tanzen und glitzern sie weiter. Es interessiert sie nicht. Wellen sind rücksichtslos. Wenn du dich ihnen in den Weg stellst, überrollen sie dich einfach. Als seist du unsichtbar. Vor. Zurück. Vor. Zurück. Ohne Unterlass. So beschäftigt, dass ein Menschenleben nicht zählt.
Zu beschäftigt, mit den Felsen zu kämpfen. Wenn sie mit voller Wucht gegen die Felsen prassen, wirkt es tatsächlich so, als würden sie sich einen brutalen Kampf liefern. Wellen gegen Felsen. Und niemals werden sie aufgeben. Immer wieder rücken sie vor, rollen über die Wasseroberfläche, werden immer größer und….Klatsch. Schlagen mit voller Wucht gegen die steinige Wand. Manchen Felsen ist der jahrelange Kampf mit den Wellen anzusehen. Sie mussten sich geschlagen geben, wurden ganz schön abgewetzt. Es wird immer schwieriger, den Kräften des Wassers standzuhalten. Menschen haben hier auf der Insel ihre Häuser auf manche dieser Felsen gebaut. Ich frage mich, ob sie keine Angst haben, dass das abgewetzte Stück irgendwann nachlässt und ins Meer stürzt. Aber das dauert wohl noch ein paar Jahre. Oder Jahrzehnte.
“Wer ist dieser Mensch, dass ihm sogar Wind und Wellen gehorchen?“
Matthäus 8, 27
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